Unterrichtsentwicklung
1. Unterrichtsentwicklung an der Hildegardis-Schule
Als Mittelpunkt des Schulprogramms stellen die Maßnahmen zur Individualisierung von Lehr- und Lernprozessen ein zentrales Feld der Unterrichtsentwicklung an der Hildegardis-Schule dar.
In diesem Bereich hat die Schule in den letzten Jahren viel geleistet. Insbesondere mit dem SEVO, aber auch mit den weiteren Maßnahmen zur Individualisierung ist die Schule im Kontext an ein modernes, innovatives Unterrichtskonzept breit aufgestellt.
Dennoch befindet sich die Schule nie im Stillstand, sondern muss sich, um gesellschaftliche Wandlungsprozesse rechtzeitig in ihr Schulprofil integrieren zu können, regelmäßig überdenken und – falls nötig – neu erfinden, um nicht in die "Beharrungsfalle"[1] zu tappen. Ein Konzept zur Unterrichtsentwicklung kann daher nie als endgültig betrachtet werden, sondern befindet sich im steten Wandel. Es bildet einerseits den Ist-Zustand ab, formuliert andererseits aber auch Perspektiven, Ziele und Wünsche für die zukünftige Gestaltung von Unterricht.
Das hier dargestellte Konzept konzentriert sich im Wesentlichen auf die Schwerpunkte der aktuellen Unterrichtsentwicklung und ist im Kontext des Basistextes unsers Schulprogramms zu lesen.
1.1 Unterrichtsentwicklung ist Herausforderung
Unterrichtsentwicklung ist der Bereich, in dem sicherlich oft zuerst die Herausforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft bearbeitet werden müssen. Aus diesem Grund erfolgt Unterrichtsentwicklung auch immer im Kontext gesellschaftspolitischer Entwicklungen und Umbrüche. Nicht immer kann und sollte eine Schule rechtzeitig auf gesellschaftlichen Wandel reagieren, dennoch ist es notwendig, sich als Lehrender der Veränderungsprozesse des Schullebens bewusst zu sein und seinen Unterricht entsprechend anzupassen.
Die Unterrichtentwicklung der Hildegardis-Schule orientiert sich daher sowohl an gesellschaftspolitischen Aspekten als auch an Perspektiven der aktuellen Unterrichtsforschung.
Aktuelle Herausforderungen der Unterrichtsentwicklung sind zum Beispiel:
- heterogene Lerngruppen aufgrund verschiedener Faktoren (z.B. mehr Schüler mit Sprach-, Entwicklungs- und Konzentrationsproblemen, freie Schulwahl, Inklusion, Zuwanderung)
- hoher (und nachvollziehbarer) Anspruch von Eltern an die Lehr- und Erziehungsarbeit von Schule vor dem Hintergrund wachsender gesellschaftlicher Unsicherheit in Erziehung- und Bildungsfragen
- Integration zugewanderter Schülerinnen und Schüler mit geringen Deutschkenntnissen (Mehrsprachigkeit) sowie
- ungleiche Voraussetzungen des schulischen Sprachgebrauchs (Bildungssprache) durch unterschiedliche sozio-ökonomische Bedingungen und damit verbundenen Bildungsaspirationen (Lese- und Sprechsozialisation)
- erkennbare Konzeptionslosigkeit von Schülerinnen und Schülern hinsichtlich ihrer persönlichen Begabung, ihrer Interessen und damit auch ihrer beruflichen Zukunft
- sinkende Schülerzahlen aufgrund des demografischen Wandels
- Einbindung und Reflexion digitaler Medienwelten als Gegenstand und Inhalt von Unterricht
1.2 Aktuelle Aufgaben der Unterrichtsentwicklung an der Hildegardis-Schule
- Präzisierung von fächerübergreifenden Bezügen
- Sprachlichen Herausforderungen gerecht werden: Sprachförderung im sprachsensiblen Fachunterricht
- Mit Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung für die Akteure des Schulsystems umgehen
- Reflexion christlicher Themen und Werte in den Fachcurricula und der Schulgemeinschaft
- Sicherung von Basiskompetenzen in allen Fächern
- Abschluss des Schulentwicklungsvorhabens und dauerhafte Verankerung in der
Sekundarstufe II
2. Bestehende Maßnahmen der Unterrichtsentwicklung
In verschiedenen Bereichen sind Maßnahmen mit einem Schwerpunkt von Individualisierung umgesetzt worden:
2.1 Kurzüberblick
- Reformmodell: Phasierung von Unterricht Kl. 5 - 10 (auch als Vorbereitung auf das SEVO)
- Schulentwicklungsvorhaben (SEVO), Q1/Q2
- div. Förderangebote: z.B. Förderkurs Deutsch Kl. 5, Trainingsstunden Kl. 6-9,
Schüler-für-Schüler-AG (SfS), Hausaufgabenbetreuung, Begabtenförderung - umfassende AG - und WP II - Angebote
- div. zusätzliche Maßnahmen individueller Förderung: z.B. Methodenschulungen, Schülerakademie etc.
- Erwerb von Sprachzertifikaten (Englisch: Cambridge Certificate, Französisch: DELF)
- Beratungskonzepte (z.B. Beratung Mittelstufe, individuelle Förderpläne, Schullaufbahnberatung, Studien- und Berufswahlorientierung…)
- SciVi-Stunden (ausgewählte Jahrgänge)
- Unterrichtsfach "K.O.P.F." (Kommunikation, Organisation, Präsentation, Feedback), Kl. 9
- Seiteneinsteiger-Kurse in den Fächern Deutsch, Englisch, Spanisch und Mathematik, Jg. E
- Konzept "Letzte Schulwoche": individuelles Training zur Vorbereitung auf die Abiturprüfungen, Q2
- Netzwerk Begabungsförderung mit der Marienschule Lippstadt und
der Marienschule Bielefeld - verbindliches Hausaufgabenmodell
- verbindliches Schülerfeedback
- Projekte: Jugend präsentiert und Jugend debattiert
- Jahrgangsgebundene Präventionsarbeit
Die Unterrichtsentwicklung an der Hildegardis-Schule versteht sich als Trilog zwischen Schulentwicklung und Personalentwicklung und setzt auf eine ausgewiesene institutionelle Kooperation. Durch eine aktiv mitwirkende Beteiligung verschiedenster Bereiche werden die Maßnahmen der Unterrichtsentwicklung weiterentwickelt[2].
Für die Koordination der Maßnahmen der Unterrichtsentwicklung im Bereich Individualisierung sowie angrenzende relevante Koordinationsbereiche und Gremien:
- Schulentwicklung - Evaluation, Teambildung, Fortbildung (Frau Fessen-Bisterfeld)
- Fördermaßnahmen (Frau Kuchenbecker)
- SEVO-Fachausschuss (Koordination: Frau Joneleit)
- QM-Steuergruppe (Leitung: Frau Fessen-Bisterfeld)
- MINT-Angebote (Frau Dr. Homann)
- Lern-Coaching (Frau Lehmann)
- Präventionsarbeit (Frau Schäfer)
- Gestaltung und Förderung des Musiklebens (Herr Schultheis)
- Digitale Bildung (Frau Utri)
- Gesundheitserziehung und Umwelt (Frau Wienke)
2.2 Konkretisierung der zentralen Maßnahmen individuellen Lernens
Im Folgenden werden die etablierten Maßnahmen konkretisiert dargestellt. Wie oben bereits beschrieben, ist dies ein sich stetig wandelndes Feld, weshalb diese Maßnahmen oftmals nur den IST-Zustand wiedergeben.
2.2.1 Phasierung von Unterricht Kl. 5 – 10
Unterricht an der Hildegardis-Schule ist in hohem Maße phasiert. Konkret bedeutet das, dass die drei Hauptphasen des Unterrichts, welche jeder Schüler kennt, deutlicher voneinander getrennt werden als im bisherigen Fachunterricht.
Grundsätzlich orientieren sich die Phasen an den allgemein bekannten und anerkannten Merkmalen guten Unterrichts, welcher schülerorientiert, strukturiert, vielfältig und effizient ist.
1. Phase: Instruierendes Lernen
In dieser Phase wird gemeinsam gelernt. Im Unterricht wird im Wesentlichen notwendiges Basiswissen vermittelt, welches für die nachfolgenden Phasen benötigt wird. Der Unterricht kann lehrerzentriert (Lehrervortrag) sein, aber auch durch Schülerinnen und Schüler gestaltet werden (Referate, Präsentationen), es kann materialgestützt gearbeitet oder es können Lehrfilme genutzt werden. Der Unterricht, obwohl instruierend, kann methodisch vielfältig gestaltet sein.
2. Phase: Kooperatives Lernen
In dieser Phase geht es hauptsächlich um soziale und methodische Kompetenzen, die in verschiedenen Formen der Kooperation erlernt und vertieft werden. Das in den Basisstunden der Phase 1 vermittelte Wissen kann in der kooperativen Phase durch eine Vielfalt an Methoden und Sozialformen angewendet werden. Schülerinnen und Schüler arbeiten in dieser Zeit gemeinsam, z.B. in Gruppen, an einem oder mehreren Themen, welche entweder von der Lehrkraft vorgegeben oder von den Schülerinnen und Schülern selbst eingebracht werden. Methodische Schwerpunkte dieser Phase liegen auf Arbeits- und Präsentationstechniken, aber auch auf der Reflexion von Arbeitsprozessen und Techniken des Feedbacks.
3. Phase: Individuelles Lernen
In dieser Phase rückt die einzelne Schülerin/der einzelne Schüler noch stärker in den Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens. Der individualisierte Unterricht bietet den größtmöglichen Freiraum für individuelle Interessen und/oder Anwendung und Vertiefung von bereits Erlerntem aus den Phasen 1 und 2. In der Zeit des individuellen Lernens erhalten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit zu üben, zu wiederholen, über ein Thema hinauszugehen, zu recherchieren, eigene Interessen zu verfolgen u.v.m. In dieser Phase sind auch das eigene Lerntempo und der individuelle Lerntyp die Vorgabe für die Inhalte des Unterrichts. Die Lehrkraft stellt differenzierende Materialien und Aufgaben zur Verfügung, regt aber auch zur eigenständigen Recherche und Auseinandersetzung mit verschiedenen relevanten Themengebieten an.
Die Phasierung, wie sie hier dargestellt ist, führt nicht zu einer Schematisierung von Unterrichtsabläufen. Die einzelnen Phasen können in einer anderen Reihenfolge stattfinden und bieten in sich zahlreiche Möglichkeiten der individuellen Ausgestaltung, sodass keine starre Unterrichtsführung entsteht. Vor dem Hintergrund des "classroom management" als Prämisse für gelingenden Unterricht ist die Phasierung ein geeignetes Mittel für die Qualitätssicherung.
Die deutliche Phasierung von Unterricht dient nicht nur, aber auch der Vorbereitung des SEVO in der Q-Phase mit seinen alternativen Formaten der Leistungsbeurteilung. In erster Linie verfolgt die Idee der klaren Phasierung jedoch das Ziel, eine Individualisierung auf Schüler- und Lehrerseite zu ermöglichen. Die größtmögliche Förderung der Schülerinnen und Schüler und zugleich die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit und Flexibilität der Lehrkraft führen zu einer Unterrichtsqualität, welche dem Bildungsanspruch der Hildegardis-Schule gerecht wird.
2.2.2 Digitalgestütztes Lehren und Lernen[3]
Der Umgang mit Medien ist Teil des normalen Unterrichtsgeschehens geworden und gehört zu einem zeitgemäßen Bildungsgeschehen. Der Hintergrund, dass Kinder immer früher mit (neuen) Medien konfrontiert sind und der Zugang dazu in unserer Gesellschaft nahezu unbegrenzt möglich ist, fordert eine entsprechende didaktische Ausarbeitung der digitalen Transformation in das Unterrichtsgeschehen heraus. Die Konzeptualisierung und Umsetzung digital gestützten Lehren und Lernens nehmen einen inzwischen großen Bereich innerhalb der Entwicklung von Unterricht ein. Um den Anforderungen der digitalisierten Welt gerecht zu werden, setzt die Hildegardis-Schule u.a.
- auf eine schrittweise betreute Einführung von iPad- Klassen
- ein Medienkonzept, welches im Kontext von Bildung die Arbeit mit und an Medien berücksichtigt
- eine verstärkte Medienpräventionsarbeit
- eine Mediengruppe, die sich mit verschiedenen Bereichen intensiv beschäftigt und Vorschläge zur Unterrichts- und Schulentwicklung formuliert.
Im Zentrum des mediengestützten Unterrichts muss an einer christlich geprägten Schule der Umgang mit Medien in einem Beziehungskontext stehen. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte aller, insbesondere in sogenannten sozialen Netzwerken, steht im Sinne der Wahrung der Würde des Menschen im Mittelpunkt der Wissens- und Kompetenzvermittlung im Bereich des Medienunterrichts.
2.2.3 Fächerverbindendes und -übergreifendes Lernen
Fächerübergreifendes und fächerverbindendes Lernen sind Bestandteile einer Unterrichtsentwicklung, welche sich an den Interessen der Schülerinnen und Schüler und nicht an Fachgrenzen orientiert. Gerade in Hinblick auf konstruktivistische Lernmodelle wird die Notwendigkeit der Fächervernetzung deutlich, denn sie verlangen einen schüleraktiven Unterricht.
In den Lehrplänen der Hildegardis-Schule ist das fächerübergreifende und fächerverbindende Lernen ausgewiesen, jedoch soll in diesem Bereich in Zukunft noch vernetzter und konkreter gearbeitet werden. In diesem Zusammenhang arbeiten wir mit verschiedenen Pilotprojekten in der Sekundarstufe I.
Beispielhaft hierfür stehen zum einen das bereits etablierte Pilotprojekt zwischen den Fächern katholische/ evangelische Religionslehre und Geschichte, in welchem fächerübergreifend und -verbindend das Thema „Widerstand im Nationalsozialismus“ in der Jahrgangsstufe 9 in kooperativen Lernformen bearbeitet und zum Ende in einer Ausstellung präsentiert wird, zum anderen das Projekt „Jugend debattiert“, welches in der Jahrgangsstufe 10 in Deutsch und Wirtschaft-Politik als Projekt umgesetzt wird. Im Fokus steht ihr nicht nur die Kompetenzerweiterung der Bildungssprache durch das Üben von Debatten, sondern auch die Stärkung eines Demokratiebewusstseins.
2.2.5 Vielfalt im Klassenzimmer = Vielfalt im Lehrerzimmer
Die Förderung der Begegnung zwischen unterschiedlichen Menschen trägt zu einem gegenseitigen Verständnis bei, wobei dies nicht den Verlust der eigenen Identität
zur Folge haben darf.
Die Schulen tragen hier eine große Verantwortung, denn sie sind dazu aufgerufen, in
ihren Erziehungskonzepten die Dimension des interkulturellen Dialogs zu entfalten. Dies
ist ein hohes, nicht leicht realisierbares, aber notwendiges Ziel.[4]
Dass die Anforderungen an inklusiven Unterricht gestiegen sind, zeigte sich in den eingerichteten internationalen Vorbereitungsklassen (zuletzt im Zuge des Ukraine-Krieges). Das Ziel der Hildegardis-Schule, möglichst viele Schülerinnen und Schüler aus der Vorbereitungsklasse zügig in eine Regelklasse zu überstellen, konnte gelingend umgesetzt werden. Mehrere Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund nehmen nun erfolgreich am Regelunterricht beider Sekundarstufen teil.
Lehrerinnen und Lehrer stehen damit einer großen Aufgabe gegenüber, denn es bedeutet, sich auf Lernende einzustellen, welche Deutsch noch nicht sicher beherrschen und welche unter Umständen sehr zurückhaltend oder sogar traumatisiert sind. Nicht selten fühlen sich Kolleginnen und Kollegen mit den neuen und komplexen Anforderungen überfordert. Dieser Aspekt muss daher intensiv beachtet und in der Unterrichtsentwicklung sorgfältig bearbeitet werden.
Unterschiedliche familiäre, soziale, kulturelle und religiöse Kontexte der Schülerinnen und Schüler werden nach Möglichkeit reflektiert und bei der Planung und Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse berücksichtigt. [5]
Der Anspruch der Hildegardis-Schule, Schülerinnen und Schüler in das Zentrum des Unterrichts zu stellen, zeigt sich auch deutlich in ihrem Integrationskonzept. Darüber hinaus ist es selbstverständlich, dass Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler neu ankommende Kinder auf ihrem Weg unterstützen und stärken.
Flankierende Fortbildungsmaßnahmen können in Zukunft noch ausgebaut werden, z.B. (schulinterne) Fortbildungen zu Mehrsprachigkeit und Interkulturalität.
Weitere mögliche Maßnahmen zur Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund:
- Nutzung der SciVi-Stunden für flankierende Maßnahmen der Integration
- Trainingsstunde Sek II: Deutsch in der Oberstufe für SuS mit DaZ
2.2.6. Sprachbewusstheit entwickeln
Sprache im Unterricht ist wie ein Werkzeug, das man gebraucht, während man es noch schmiedet. [6]
Sprache ist Voraussetzung für das Lernen, den Unterricht und den Bildungserfolg. Die zunehmenden unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen, mit denen Schülerinnen und Schüler in den Unterricht kommen, machen die Entwicklung eines bewussten sprachlichen Unterrichts notwendig. Während der Alltag von unseren Schülern meist von Alltagssprache geprägt ist, finden die schulische Kommunikation und das fachliche Lernen in der Bildungssprache statt. „Dann müssen Fachinhalte und Sprache aber auch gleichzeitig gelehrt und gelernt werden.“ An diesem Leitgedanken Leisens orientiert, sieht die Hildegardis-Schule sich diesen Herausforderungen gegenübergestellt. Sprachliche Förderung von einer Alltagssprache zur Bildungssprache ist demnach auch Teil der Maßnahmen der Individualisierung von Lernprozessen, die sich hier im Bereich der Gestaltung von Aufgabenstellungen, Hilfen und in der Erstellung von Lernprodukten im Unterricht ergeben.
Für die Lehrerinnen und Lehrer bedeutet dies, die Grundprinzipien des Sprachlehrens zu kennen und darüber ihre Lernumgebung und ihren Lernprozess sprachbewusst zu steuern, um die Schülerinnen und Schülern in ihren sprachlichen Hürden bestmöglich zu unterstützen.
Maßnahmen zur Entwicklung der Sprachbewusstheit:
- Fortbildungsmaßnahme für das gesamte Kollegium: Sprachsensibler Fachunterricht
- Etablierung des Projektes „Jugend debattiert“ ab der Jahrgangsstufe 9
3. Unterrichtsentwicklung ist Personalentwicklung
Dass es auf den Lehrer ankommt, wissen wir nicht erst seit John Hatties[7] oder Michael Feltens[8] Ausführungen zum Thema. Es gehört wohl zu den allgemein anerkannten Prämissen, dass ein "guter Lehrer" auch "guten Unterricht " erteilt. Was aber ein guter Lehrer oder guter Unterricht ist, darüber gehen die Meinungen mitunter sehr stark auseinander.
"Lehrkräfte wirken, unabhängig von ihren Absichten, als Modelle."[9], sagt die Schul- und Unterrichtsforscherin Hanna Kiper. Angesichts dieser Aussage ist die Klärung der professionellen Haltung der Lehrerinnen und Lehrer für die Unterrichtsentwicklung unerlässlich.
3.1 Professionell Lehrer sein
Wenn die Schüler nicht genügend denken, stimmt etwas nicht mit dem Unterricht.[10]
Unterrichtsentwicklung heißt, dass alle lernen müssen – nicht nur die Lernenden
Aber: Die Instrumente für einen guten und individualisierten Unterricht sind schon da. Es geht nicht darum, Unterricht immer wieder neu zu erfinden oder eine bestimmte Form des Unterrichtens als die einzig wahre zu deklarieren, wenn es um Individualisierung von Lernprozessen geht.
Professionelle Lehrkräfte können mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Repertoire von Methoden der Unterrichtsgestaltung einen individualisierten Unterricht gewährleisten, sofern sie ihr professionelles Wissen aktiv nutzen, engagiert einsetzen, es regelmäßig hinterfragen, aber auch stetig erweitern.
Von daher kann in diesem Zusammenhang auch eher von gelebter Professionalität als von Professionalisierung[11] gesprochen werden.
Da die Lehrer-Schüler-Interaktion die Basis jeglichen Unterrichts ist und der Unterrichterfolg nicht zuletzt von den Haltungen und Werten der Lehrkräfte abhängt, wäre Unterrichtsentwicklung mit Personalentwicklung zu verbinden. [12]
3.2 Bestehende Maßnahmen zur Förderung aktiver Professionalität
- regelmäßige Fortbildungen des gesamten Kollegiums sowie umfassende Fortbildungsangebote zu aktuellen Themen
- Bildung von Lehrerteams (z.B. in Klassenleitung, Jahrgangsleitung, Fachlehrerteams der Leistungs- und Grundkurse Sek. II) und Prüfungsteams (Fremdsprachen)
- gemeinsame Entwicklung und institutionalisierter Austausch von Arbeits- und Prüfungsmaterialien
- umfassende Möglichkeiten zur aktiven Mitgestaltung des gesamten Schulgeschehens, z.B. in Arbeitsgruppen und Gremien, aber auch in Mitarbeiterbefragungen und -gesprächen oder Konferenzen
- Wahrnehmung der Fachkonferenzen als Ort von Unterrichtsentwicklung: Schaffung von Synergieeffekten und Multiplikatoren
4. Grundlagen schaffen – Referendarausbildung an der Hildegardis-Schule
Die schulische Referendarausbildung bietet für die Schule die große Chance, sich mit hochaktuellen Aspekten der Fachdidaktik intensiv auseinandersetzen zu können. Ausbildungslehrer sollten ihr Wissen an die Lehramtsanwärter weitergeben, aber sich auch für ihren eigenen Unterricht von inspirieren lassen. Die Ausbildung von Studienreferendaren/-innen kann in hervorragender Weise für Unterrichtsentwicklung genutzt werden, da alle Beteiligten sich engagiert mit Unterrichtsfragen beschäftigen müssen.
4.1 Lehrerausbildung im Rahmen des Konzepts "Individualisierung von Lernprozessen"
Neben dem Ausbildungsunterricht und dem BdU an der Hildegardis-Schule durchlaufen die Studienreferendare ein Ausbildungsprogramm (mit Bezug auf § 13 (3) und § 14 OVP), das durch die Ausbildungsbeauftragte initiiert und koordiniert wird. In den regelmäßig stattfindenden Sitzungen der Schulgruppe, werden alle Handlungsfelder des Lehrerberufs schulpraktisch orientiert angesprochen.
Die Erfahrung in der Ausbildung von Studienreferendaren/-innen hat gezeigt, dass sie sehr von informellen Gesprächen profitieren und diese deutlich nachfragen. Neben den inhaltlich strukturierten Gruppensitzungen gibt es an der Hildegardis-Schule daher auch immer die Möglichkeit, thematisch offene Gesprächsrunden mit der Ausbildungsbeauftragten durchzuführen. Auch den Referendarinnen und Referendaren steht eine individualisierte Ausbildung zu, daher sind auch Einzelgespräche und Intensivberatungen mit der Ausbildungsbeauftragten fester Bestandteil der schulischen Ausbildung.
Inhalte der Schulgruppensitzungen beschäftigen sich selbstverständlich auch mit dem Konzept der Individualisierung von Lernprozessen an der Hildegardis-Schule. Referendarinnen und Referendare hospitieren bewusst in SEVO-Kursen und beobachten darüber hinaus phasierten Unterricht der Klassen 5 bis 10. Für ihren eigenen Unterricht werden sie zur Erprobung dieses Unterrichtskonzepts angeregt.
4.2 Die Referendarausbildung im Überblick
In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für schulische Lehrerausbildung (ZfsL) in Hagen wurde das Ausbildungsprogramm der Hildegardis-Schule entwickelt. Es bietet eine enge Verknüpfung zwischen der Ausbildung an der Schule, der überfachlichen Ausbildung im Seminar und den Handlungssituationen im Handlungsfeld/Kompetenzen und Standards des Kerncurriculums 2016.[13]
5. Unterrichtsentwicklung ist für Schüler da - Grenzen der Individualisierung erkennen, bedenken und ertragen
Gegen Zielsetzungen ist nichts einzuwenden,
sofern man sich dadurch nicht von interessanten
Umwegen abhalten lässt. (Mark Twain)
Individualisierter Unterricht allein ist noch kein guter Unterricht. In letzter Konsequenz kommt es auf die Lehrer an, auf ihre Fachkompetenz, ihre Motivation und ihr Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern.[14]
Individualisierung hat Grenzen. Sie muss Grenzen haben, denn eine radikale Individualisierung würde die Ausbildung sozialer Kompetenzen wie Kooperations- und Empathiefähigkeit nicht fördern, sondern im schlimmsten Fall verhindern. Angesichts einer Fülle von Konzepten zum gelingenden Unterricht gilt es, in der Unterrichtsentwicklung gelassen zu bleiben und klare Ziele zu verfolgen.
Wenn Schülerinnen und Schüler […] gelernt haben, eigenverantwortlich und im Team zu lernen, dann schafft dies erst die notwendigen Nischen und Zeitgefäße für die Beratung und Unterstützung individueller Schüler während des Unterrichts. [15]
Das Konzept der Individualisierung von Lernprozessen an der Hildegardis-Schule folgt daher dem Gedanken der bestmöglichen Förderung aller, ohne dabei die Vereinzelung von Schülerinnen und Schüler zu forcieren. Eine Balance zwischen individuellen, kooperativen und instruierenden Lernformen ist durch die Phasierung von Unterricht gegeben.
Ziel der schulischen Ausbildung sollte sein, die Schülerinnen und Schüler in ihren individuellen Interessen und Stärken zu fordern und zu fördern und sie bei Unsicherheiten und Problemen zu unterstützen und zu stärken. Nur so gelingt es, die Lernenden zu selbstständigen, kritischen und wahrlich individuellen Persönlichkeiten zu erziehen, denn
Bildung ist ein Befreiungsprozess hin zum Selbst-Denken. [16]
6. Ausblick auf weitere Themen der mittelfristigen Unterrichtsentwicklung
- Erweiterung der Sprachfördermaßnahmen für SuS mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen ergänzend: Sprachbewusstheit entwickeln über das Sprachlernen im sprachsensiblen Fachunterricht
- Einführung eines Unterrichtsmodells zur Allgemeinbildung
- Konkrete Umsetzungen des fächerverbindenden und -übergreifenden Unterrichts über Projekte in der Sekundarstufe 1 angepasst auf G9
- Zusammenführung und stetige Anpassung des Methoden- und Medienkonzepts mit Fokus auf „Digitale Bildung“
August 2023
Koordinatorin von Schulentwicklungsprojekten im Bereich der Unterrichtsentwicklung L. Joneleit
[1] Nix, Frank/Wollmann, Jens (2015): Hattie und die Folgen. Cornelsen Berlin, S. 167
[2] Rolff, Hans-Günter (2022): Die Implementation dominiert das Ergebnis. Vortrag im Rahmen der DFO am 26.10.2022.
[3] Rolff/Thünken (2020): Digital gestütztes Lernen. Praxisbeispiele für eine zeitgemäße Schulentwicklung. Beltz: Weinheim Basel.
[4] aus: Erziehung zum interkulturellen Dialog in der katholischen Schule , Vatikanstadt 2013
[5] Referenzrahmen Schulqualität NRW (2015). MSW, S. 32
[6] Leisen, Josef (2019) Sprachsensibler Fachunterricht. Online unter: http://www.sprachsensiblerfachunterricht.de/sprachbildung
[7] Hattie, John (2008): Visible Learning: A Synthesis of Over 800 Meta-Analyses Relating to Achievement.
Taylor & Francis, Oxford
[8] Felten, Michael (2010): Auf die Lehrer kommt es an! Für eine Rückkehr der Pädagogik in die Schulen.
Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh
[9] Kiper, Hanna (2012): Unterrichtsentwicklung. Kohlhammer, Stuttgart, S. 85
[10] Hattie, John/Beywl, Wolfgang/Zierer, Klaus (2014): Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen. Schneider Hohengehren:
Baltmannsweiler, S.34, zitiert nach: Nix/Wollmann (2015), S. 101
[11] Mertens/Siebner nennen dies auch "ökonomisierte[n] Bildungssprech", in: Mertens, Klaus/Siebner, Johannes (2010):
Schule ist für Schüler da. Herder, Freiburg i. Br., S. 32
[12] Rolff, Hans-Günter: "Sind schulische Strukturfaktoren wirklich so wichtig? – Hattie und das deutsche Schulsystem". in:
Terhart, Ewald (Hrsg.): Die Hattie-Studie in der Diskussion – Probleme sichtbar machen (2014). Klett/Kallmeyer, Seelze
Velber, S. 75
[13] Kerncurriculum für die Ausbildung im Vorbereitungsdienst für Lehrämter in den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung und in den Ausbildungsschulen, Anlage zu: Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 02.09.2016
[14] vgl. Zierer, Klaus (2016): Hattie für gestresste Lehrer. Schneider Hohengehren: Baltmannsweiler, S. 73-81
[15] Andreas Helmke im Interview auf: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/AusSchulen/Interviews/Bei-der-Individualisierung-kommt-es-auf-eine-gute-Balance-an/index.html_[14.09.2016}
[16] Mertens/Siebner (2010), S. 25